diff --git a/public/de/_disclaimer.hbs b/public/de/_disclaimer.hbs new file mode 100644 index 0000000..c8b400a --- /dev/null +++ b/public/de/_disclaimer.hbs @@ -0,0 +1,4 @@ +
+ The Gender Dysphoria Bible is a Living Document +

The contents of this site will change over time as new additions and revisions are made to further expand upon the full breadth of Gender Dysphoria. In its current iteration it is severely lacking in non-binary, agender & genderfluid specific dysphoria, as well as Third Gender and Two-Spirit narratives. The GDB is an open source and publicly funded project, contributions are extremely welcome.

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diff --git a/public/de/_menu.hbs b/public/de/_menu.hbs index 82d002a..9f8b8e4 100644 --- a/public/de/_menu.hbs +++ b/public/de/_menu.hbs @@ -7,10 +7,10 @@ Was ist Gender? Eine Geschichtstunde zu Gender Dysphorie Gender Euphorie - Physical Dysphoria - Biochemical Dysphoria - Social Dysphoria - Societal Dysphoria + Körperliche Dysphorie + Biochemische Dysphorie + Soziale Dysphorie + Gesellschaftliche Dysphorie Sexual Dysphoria Presentational Dysphoria Existential Dysphoria diff --git a/public/de/biochemische-dysphorie.md b/public/de/biochemische-dysphorie.md new file mode 100644 index 0000000..9aed058 --- /dev/null +++ b/public/de/biochemische-dysphorie.md @@ -0,0 +1,143 @@ +--- +date: "2020-01-26T20:41:55.827Z" +title: "Wie sich Gender Dysphorie äußert: Biochemische Dysphorie" +linkTitle: "Biochemische Dysphorie" +description: "The very real and biological factors of Gender Dysphoria that cause mental disturbance." +preBody: '_disclaimer' +lang: de +siblings: + prev: /de/körperliche-dysphorie + prevCaption: Körperliche Dysphorie + next: /de/soziale-dysphorie + nextCaption: Soziale Dysphorie +classes: + - gdb +tweets: + - '1215716438972993536' + - '1215736608055537670' + - '1215738145473474560' + - '1215740224325783553' + - '1222738910821978113' + - '1222739427312750594' + - '1222740261178105856' + - '1222742135067303937' + - '1222743360034758656' + - '1222743749920464896' +--- + +# Biochemische Dysphorie + +Die primären Geschlechtsmerkmale des Körpers entwickeln sich in der 8. Schwangerschaftswoche. Typischerweise ist es ab der 11. Woche möglich, die Genitalien eines Fötus mittels Ultraschalles zu bestimmen. Das Gehirn wird jedoch erst [zwischen der Woche 14 und 24 entwickelt](https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2989000/#Sec5title). Das derzeitige Verständnis der neurologischen Entwicklung legt nahe, dass sich das Gehirn in diesen 10 Wochen entweder vermännlicht oder verweiblicht, je nachdem ob Testosteron im Blutkreislauf des Kindes (initiiert entweder durch das SRY-Gen, das auf dem Y-Chromosom vorhanden ist, oder von anderen Quellen eingeschleust wird) vorhanden ist. Dieser Prozess bindet das Gehirn entweder Östrogene oder Androgene zu bevorzugen. + +Wenn Ihr Gehirn auf ein Geschlechtshormon (wie Testosteron) festgelegt ist, Ihr Körper aber das andere Hormon (wie Östradiol) produziert, kann dies zu einer biochemischen Fehlfunktion in Ihrer Gehirnchemie führen. Dies erzeugt eine Art Gehirnnebel, eine Verringerung der geistigen Leistungsfähigkeit und einen allgemeinen Zustand von Angst und Unbehagen. Dies ist die Ursache für die beiden Symptome „Depersonalisierung“ und „Derealisierung“ (DP und DR), die häufig durch eine medizinische Hormontherapie gelindert werden. + +{!{ +
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+ Brea + theredgrrl +
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+ {{#with images.brea_eyes}} + {{alt}} + {{/with}} +

+ [Übers.]
+ #TransformationTuesday - Wie ich schon oft beschrieben habe kann man die Lebensfreude an den Augen ablesen. Den größten Unterschied kann man bei Trans-Personen nach der Transition sehen. Vorher sehen sie traurig aus oder als ob Sie in der Vergangenheit schwelgen. Danach leuchten sie im Hier und Jetzt. +

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+}!} + +**Depersonalisierung** ist eine Trennung von Ihrem eigenen Körper, eine Unfähigkeit zu glauben, dass die Person, die Sie im Spiegel sehen, tatsächlich Sie selbst sind. Sie haben das Gefühl, jemand anderen in Ihrem Körper zu beobachten. Möglicherweise kümmern Sie sich nicht darum, was mit Ihrem Körper passiert. Sie sorgen sich nicht um Gewichtsveränderungen oder Ihre Fitness, weil Sie kein Eigentum an dieser fleischigen Hülle haben, das Sie durch Ihr Leben transportiert. + +Zinnia Jones [gibt folgende Beschreibungen für die Depersonalisierung](https://web.archive.org/web/20190406141617/https://genderanalysis.net/2017/06/depersonalization-in-gender-dysphoria-widespread-and-widely-unrecognized/): + +- Ein Gefühl der Loslösung oder Entfremdung von Ihren eigenen Gedanken, Gefühlen oder Ihrem Körper. So etwas wie: "Ich weiß, dass ich Gefühle habe, aber ich fühle sie nicht." +- Das Gefühl, in zwei Teile geteilt zu sein, wobei die eine Hälfte die Welt durchläuft und die andere Hälfte leise beobachtet. Es ist wie: „Es gibt diesen Körper, der herumläuft und jemand anderes schaut nur zu.“ +- Das Gefühl, als hättest du ein „unwirkliches“ oder „abwesendes“ Selbst: „Ich habe kein Selbst“ +- Die Welt als fern, traumhaft, neblig, leblos, farblos, künstlich erleben, wie ein Bild ohne Tiefe, das aussieht als wäre es „weniger als real“ +- Sich in sich selbst vertiefen und eine zwanghafte Selbstprüfung oder ein extremes Wiederkäuen von Gedanken +- Einen kontinuierlichen und kohärenten Dialog mit sich selbst führen +- Das Gefühl, wie wenn man von der Welt durch einen Schleier oder eine Glaswand getrennt ist +- Emotionale oder körperliche Taubheit, wie als wäre der Kopf mit Watte gefüllt +- Ein Gefühl keine Entscheidungsfreiheit zu haben - sich flach, roboterhaft, tot oder wie ein „Zombie“ fühlen +- Unfähigkeit sich Dinge vorzustellen +- In der Lage zu sein, klar zu denken, aber immer mit dem Gefühl, dass den weltlichen Gedanken und Erfahrungen eine wesentliche Qualität fehlt +- Ein Gefühl der Trennung vom Leben, das verhindert, sich kreativ und offen mit der Welt auseinanderzusetzen + +Möglicherweise legen Sie wenig Wert auf Ihr Erscheinungsbild: auf das nötigste beschränkter Hygiene und 0815 Kleidung. Auf der anderen Seite könnte es sein das Sie versuchen per schicker Kleidung und extrem gepflegtem Aussehen, eine Art Freude zu erzeugen - ein Gefühl des Stolzes auf Ihren eigenen Körper, was allerdings nur noch mehr „Hohlheit“ aufzeigt. + +Möglicherweise kümmert Sie der Zustand Ihres Körpers nicht, eventuell fürchten nicht einmal den Tod, weil Sie so wenig an dieses Leben gebunden sind. + +{!{
{{import '~/tweet' ids=[ + '1215716438972993536' + '1215736608055537670' + '1215738145473474560' + '1215740224325783553' +] tweets=meta.tweets className="oneblock" }}
}!} + +**Derealisierung** ist eine Ablösung von der Welt um dich herum. Ein Gefühl, dass alles Wahrgenommene, irgendwie falsch ist. + +- Ihre Umgebung wirkt fremd oder ungewohnt, auch wenn Sie dort schon immer lebten. Als hätte jemand Ihr Haus gegen eine Kopie ausgetauscht. +- Wenn Sie sich durch die Welt bewegen, fühlen Sie sich wie auf einem Laufband. Nicht Sie bewegen sich, sondern die Gebäude bewegen sich um Sie herum. +- Sie fühlen sich emotional von Menschen, die Ihnen wichtig sind, getrennt. Wie als wäre da eine Glaswand zwischen Ihnen oder als wären Sie nur ein Schauspieler der Vorgibt der Mensch zu sein der man ist. +- Umgebungen wirken verzerrt, verschwommen, farblos, zweidimensional und künstlich; oder andersrum: Umgebungen erscheinen scharf und mit erhöhter Klarheit. +- Es gibt in Ihrem Leben Zeitverzerrungen. Frische Ereignisse fühlen sich wie ferne Vergangenheit an. +- Entfernungsverzerrungen. Größen und Formen von Objekten passen nicht recht zueinander. +- Ereignisse in Ihrem Leben durchleben Sie wie ein passiver Beobachter. + +Wenn Sie glauben das sich ihr Leben in Filmen wie „The Matrix“ oder „The Truman Show“ abspielen könnte, könnte es sein das Sie unter Depersonalisierung oder Derealisierung leiden. Dies kann sich auch als Gefühl der Jenseitigkeit manifestieren, als ob Sie nicht in diese Gesellschaft gehören. Sie wandeln herum und warten darauf, dass sich Ihre Superkräfte entwickeln oder das endlich eine Eule mit Ihrer Einladung nach Hogwarts angeflogen kommt. Als Teenager war ich besessen von einer Episode von „The Outer Limits“, in der ein Junge ein Raumschiff unter seinem Haus entdeckt und erfährt, dass er und seine Eltern eigentlich Außerirdische sind. Es ist als würden Sie auf ein Signal warten um endlich mit Ihrem Leben beginnen zu können. + +DPDR (Depersonalisation und Derealisation) ist manchmal mit einer emotionalen Hemmung verbunden. Sie können lachen und witzige Dinge witzig finden, haben aber selten echte Freude. Momente der Traurigkeit oder Trauer führen dazu, dass Sie einfach taub werden und Sie sich von dem Ereignis trennen, das diese Gefühle verursacht. Dies kann auch in die entgegengesetzte Richtung gehen: Man hat Angst, weil man nicht einschätzen kann, ob die emotionale Reaktion im Verhältnis angebracht ist. Dann können kleinste Ereignisse zum Katalysator für unverhältnismäßig große emotionale Reaktionen werden. + +Es ist wichtig zu beachten, dass DPDR nicht nur bei Gender Dysphorie auftritt. Dieser Zustand ist kann auch bei anderen psychischen Problemen auftreten wie zum Beispiel bei chronischer Depression, Zwangsstörung und Borderline-Persönlichkeitsstörung. DPDR sollte nicht allein als Zeichen von Gender Dysphorie verstanden werden, es ist nur ein großer Hinweis dafür das etwas sehr im Argen liegt. Es ist normalerweise auch ziemlich einfach zu erkennen, wenn man weiß, worauf man achten muss. Menschen mit DPDR neigen dazu, in die Ferne zu starren, wenn sie irgendwo hingehen. Die Augen sehen von außen so trüb und tot als würde hier nur eine Hülle wandeln. Am meisten fällt anderen während und nach der Transition auf wie die Augen der Person plötzlich anfangen zu funkeln. + +### Ebbe und Flut + +Wie schlimm die physische und biochemische Dysphorie wirkt, wird stark von anderen Faktoren im Körper beeinflusst. Da es eine Funktion des hormonellen Gleichgewichts ist hängt es stark von diesem Gleichgewicht ab. Dies bedeutet, dass es Schwankungen von Tag zu Tag geben kann. Zum Beispiel: + +- Wenn Ihr Blutzucker aus dem Gleichgewicht geraten ist oder Sie eine Schilddrüsenerkrankung haben, kann dies zu einem Anstieg Ihrer Dysphorie führen. +- Wenn Sie Dopaminentzug haben, weil Sie in Ihrem Leben gerade nichts rund läuft, kann dies die Dysphorie verschlimmern. +- Antidepressiva, welche den Serotoninspiegel heben, können die die Intensität verringern. +- Transfeminine AMABs erfahren mit dem Anstieg des Testosterons durch Anziehung, Erregung und Verlangen ein Ungleichgewicht, was sie dysphorischer machen kann. +- Transmaskuline AFABs erfahren im Verlauf ihres Menstruationszyklus einen Anstieg und Abfall von Östrogen und Progesteron, wodurch sich ihre Dysphorie je nach stand des Zyklus verstärkt oder verringert. + +Es gibt Dutzende von Systemen im Körper, die alle zusammenarbeiten. Alle Regelsysteme schwanken von Tag zu Tag und haben so Auswirkungen auf den Geisteszustand. Eine allgemein schlechte Stimmung kann die Wirkung der Gender Dysphorie verstärken. An einem Tag können Sie es einfach ignorieren mit dem falschen Pronomen angesprochen zu werden und am nächsten Tag fühlt es sich jedes Mal so an als würde man Ihnen ein Messer ins Herz rammen. An einem Tag siehst du dich im Spiegel und siehst das neue Ich, am nächsten starrst du das alte Ich an. + +Einige Menschen haben es besonders schwer, weil sie genderfluid sind. Sie erleben sich einige Tage männlich, einige Tage weiblich und an anderen Tagen geschlechtslos oder bi-geschlechtlich. Für andere ist die Dysphorie langsam und stetig schwankend wie Ebbe und Flut. Das bedeutet das manchmal so gut wie keine Dysphorie verspürt wird, manchmal andauernd. + +All diese Gefühle sind gültig und nur weil Sie sich an einem Tag sehr dysphorisch fühlen und am nächsten nicht dysphorisch, heißt das nicht, dass Sie nicht wirklich Trans sind. + +### Das passiert in beide Richtungen + +{!{
{{import '~/tweet' ids=[ + '1222738910821978113' + '1222739427312750594' + '1222740261178105856' + '1222742135067303937' + '1222743360034758656' + '1222743749920464896' +] tweets=meta.tweets className="oneblock" }}
}!} + +Manche Leute behaupten das eine Hormonersatztherapie immer die psychische Gesundheit verbessert. Auch ich habe das schon mal gehört, zum Beispiel als seine Mutter kam und meinte: "Östrogen macht alle glücklicher." Das ist absolut falsch. Wenn Cis-Patienten eine Gegengeschlechtliche Hormonersatztherapie erhalten, führt dies immer zu Dysphorie. Dies ist ein Grund, warum Spironolacton (Testosteronblocker) Männern selten verschrieben wird, da der Anti-Androgen-Faktor geistige Instabilität verursacht. Fünf bis zehn Prozent der Cis-Frauen leiden unter dem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS), einer Erkrankung, bei der die Eierstöcke Testosteron anstelle von Östrogen produzieren. Fragen Sie eine von ihnen wie es Ihnen damit geht; Sie wird Ihnen Ihr Leid klagen. + +Eine sehr eindrückliche Demonstration dafür ist der tragische Fall von [David Reimer](https://de.wikipedia.org/wiki/David_Reimer). Im Alter von sieben Monaten wurden David und sein Zwillingsbruder beschnitten, um einen schlimmen Fall von Phimose (eine Hauterkrankung auf der Vorhaut) zu behandeln. Davids Beschneidung ist schief gegangen und er verlor seinen Penis. Es wurde die Entscheidung getroffen, eine Vaginoplastik durchzuführen und ihn als Mädchen aufzuziehen, einschließlich einer Östrogentherapie in der Pubertät. Im Alter von 13 Jahren war er in tiefer Depression inclusive Selbstmordgedanken. Er litt stark, da kein Junge allein durch Coaching und gutem Zureden, Spaß daran haben kann, ein Mädchen zu sein. Als seine Eltern ihn über das Geschehene informierten, kehrte er zu männlicher Präsentation zurück, wechselte zur Testosterontherapie und hatte im Laufe seiner Teenagerjahre mehrere Operationen, um den angerichteten Schaden so gut es ging zu beheben. + +Die Menschen wissen, wenn sie das falsche Geschlecht leben. + +Der Psychologe John Money beaufsichtigte Davids Fall und war maßgeblich für die Entscheidungen verantwortlich, die in Davids Erziehung getroffen wurden. Money, der sich einen Namen machen wollte, berichtete Ausführlich über den Fall Davids und nannte ihn in seinen Berichten einen vollständigen Erfolg. Das Ergebnis dieser falschen Berichterstattung spiegelt sich bis heute wider, da diese Berichte als Beweis dafür herangezogen werden, warum die Durchführung von Genitalkorrekturoperationen bei intersexuellen Säuglingen eine angemessene Vorgehensweise ist. Selbst fünfzig Jahre später gibt es immer noch Ärzte, die glauben, dass man die Genitalien eines Kindes einfach ändern und es als dieses Geschlecht erziehen kann. + +Dies ist die Tragödie der [intersexuellen](https://de.wikipedia.org/wiki/Intersexualit%C3%A4t) Community. Etwa eine von 60 Geburten führt zu einer intersexuellen Erkrankung (gleichwohl hängen nicht alle mit den Genitalien zusammen). Oft führen die bei intersexuellen Kindern angewandten „Korrekturverfahren“ zu einem Funktions- und/oder Gefühlsverlust. Viel zu häufig entschieden sich Ärzte für eine erzwungene weibliche Zuordnung, da es einfacher ist, ein „Loch zu Bohren“ als einen „Turm zu bauen“. diff --git a/public/de/gesellschaftliche-dysphorie.md b/public/de/gesellschaftliche-dysphorie.md new file mode 100644 index 0000000..bb4f665 --- /dev/null +++ b/public/de/gesellschaftliche-dysphorie.md @@ -0,0 +1,79 @@ +--- +date: "2020-01-26T20:41:55.827Z" +title: "Wie sich Gender Dysphorie äußert: Gesellschaftliche Dysphorie" +linkTitle: "Gesellschaftliche Dysphorie" +description: "Because a Role is a Role, and a Toll is a Toll, and it's a heavy toll to live the wrong role." +preBody: '_disclaimer' +lang: de +siblings: + prev: /de/soziale-dysphorie + prevCaption: Soziale Dysphorie + next: /en/sexual-dysphoria + nextCaption: Sexual Dysphoria +classes: + - gdb +tweets: + - '1201138482569195526' + - '1216109204093722630' + - '1216109206509694979' + - '1216109207671508992' + - '1216109214994747393' + - '1216110299285200896' + - '1216110666626555904' + - '1216111083997605888' + - '1216112014411599877' + +--- + +# Gesellschaftliche Dysphorie + +Geschlechterrollen existieren. Versuchen wir noch so sehr diese zu bekämpfen und auf bestehenden Sexismus zu verweisen wird es immer Erwartungen an die Menschen ihres Geschlechts wegen geben. Die stärksten von ihnen sind in ehelichen und elterlichen Rollen; „Ehemann“, „Ehefrau“, „Mutter“, „Vater“, diese Begriffe sind mit einer Menge Gepäck verbunden, und die falsche Rolle oder sogar jegliche Rolle kann sich wie eine bleierne Zwangsjacke anfühlen. Jede dieser Rollen enthält ein ganzes Buch voller Verhaltensweisen und Handlungen, Vorlieben und Abneigungen, die Sie erfüllen müssen. Wenn Sie diese Anforderungen nicht erfüllen, bekommen Sie schnell das Label „schlechter Ehepartner“ oder „schlechter Elternteil“. + +Ein Trans-AFAB-Elternteil, der ein Kind zur Welt bringt, kann unter schwerer Dysphorie leiden, wenn er als Mutter eingestuft wird. Die überwiegende Mehrheit der Informationen rund um Geburt ist extrem weiblich, so dass gerade der Prozess der Empfängnis, des Austragens und des Gebärens außerordentlich mit geschlechtsspezifischen Erwartungen belastet ist. Wenn Sie schwanger sind, werden Sie als Mutter bezeichnet, unabhängig davon, wie Sie sich tatsächlich in Ihrer Rolle fühlen. Mit der Rolle ist eine ganze Reihe von Annahmen verbunden wie zum Beispiel: Pflege, Stillen und Kindererziehung. + +Transfeminine-Personen [welche unerkannt als Cis-Gender durchgehen](https://de.wikipedia.org/wiki/Passing_(Geschlecht)), haben ähnliche Probleme. Wenn Sie ein Kind im Arm halten oder sich um ein Kind kümmern, werden Sie als Mutter bezeichnet (es sei denn, das Kind hat eine andere Hautfarbe, dann werden Sie zum Kindermädchen herabgestuft, aber das ist ein ganz anderes Thema). Dies kann eine Bestätigung sein, da es ein Zeichen dafür ist, dass Sie als Frau gesehen wurden, aber es kann auch äußerst negierend wirken, wenn Cis-Frauen anfangen über Ihre Geburts- und Endbindungserfahrungen sprechen, weil Sie davon ausgehen das Sie ähnliche Erfahrungen gemacht haben. + +Einige unerwartete Arten, wie gesellschaftliche Dysphorie auftreten kann, ist die Notwendigkeit, sich an die sozialen Standards Ihres wahren Geschlechts anzupassen. Zum Beispiel gibt es viele Geschichten von Transfemininen-Personen, die das Bedürfnis hatten, ihre Brust, auch schon vor der Transition schon aus einem *intrinsischen Gefühl* der Bescheidenheit heraus, zu bedecken. Das Unbehagen, oben ohne zu schwimmen, ist ein häufiges Merkmal, selbst wenn es die Person die Verbindung zum Trans-Sein noch gar nicht hergestellt hat. Etwas im Inneren weiß es einfach. + +### Scham + +Die Nichteinhaltung dieser Rollen kann sich intensiv als Scham und Demütigung manifestieren. Das Aufwachsen im Verborgenen Kampf, sich in die angeborene Geschlechterrolle einzufügen, führt häufig zu Enttäuschung bei Eltern und Gleichaltrigen, die mehr bzw. etwas anderes erwarten. Ein Vater kann enttäuscht sein, dass sein AMAB-Kind nicht bereit ist, Sport zu treiben oder anderen männlichen Aktivitäten nachzugehen. Gleichaltrige Frauen können den männlichen Freundeskreis eines AFAB-Teenagers missbilligen. Jungs können eine AMAB-Trans-Person ausschließen, die sich ihrem Humor nicht anschließt. + +Solche Situationen können zu Mobbing und Missbrauch führen und die Trans-Person dazu bringen, sich zu isolieren, sich allein und fehl am Platz zu fühlen. Weil man nicht die Person ist, für die man gehalten wird, erzeugt das ein Gefühl der nicht Verbundenheit was dann Schamgefühle auslöst. Die Folge davon ist weitere Dysphorie, welche die Schmerzen verstärkt. Das führt häufig in die Depression. + +{!{
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}!} + +Die Scham wird besonders intensiv, wenn sie sich als Trans outet. Transphobe Freunde und Familienmitglieder, die negative, abwertende, invalidierende, manchmal sogar gewalttätige Reaktionen auf eine sich offenbarende Trans-Person haben, wandeln diese Scham in extreme Schuld und Schande um. Eine erwachsene Trans-Person in einer Ehe kann enorme Reue empfinden, wenn sie das Leben ihres Ehepartners durch Offenlegung auf den Kopf stellt. Sie können von ihren Nachbarn und Kollegen Vorwürfe erwarten und sich ausmalen was für schreckliche Auswirkungen es auf den Ehepartner und/oder die Kinder hat. + +Auch dies ist eine Form der geschlechtsspezifischen Dysphorie, da diese Einflüsse nicht zu spüren gewesen wären, wenn die Person Cis-Gender gewesen wäre. + +Die andere Art und Weise, warum Scham ins Spiel kommt, ist die systematische Transphobie in unserer Gesellschaft. Trans-Erwachsene von heute sind in ihrer Kindheit mit transphoben Medien aufgewachsen. Die transsexuelle Besessenheit der späten 80er und frühen 90er Jahre war für die damaligen Transkinder schrecklich traumatisch. Sie sahen zu, wie alle Erwachsenen und Gleichaltrigen um sie herum lachten und sich über solche Menschen lustig machten, ja sich von ihnen angewidert fühlten - mit den Personen, mit denen sie sich nicht nur identifizierten, sondern auch stark einfühlten konnten und zu Ihnen aufblickten. Diese Scham bleibt das ganze Leben bei uns. Dies ist einer der Gründe, warum so viele Transgender sich erst Ende 30 oder später outen: weil sie diese Scham erst überwinden können, wenn sie die Lebensmitte erreichen. + +Scham neigt auch dazu, sich aufzustauen, bis sie in eine radikale Aktion übergeht. Sehr häufig erzählen Trans-Personen von Zyklen. In diesen bauen sie ihre Präsentation auf und bekämpfen ihre Gefühle immer weniger. Irgendwann werden sie so von Scham überwältigt das sie alles entsorgen und schwören, diese Gefühle nie wieder zuzulassen. Dieses Muster wiederholt sich immer wieder. + +### Dating und romantische Beziehungen + +{!{
{{import '~/tweet' ids=[ + '1216109204093722630' + '1216109206509694979' + '1216109207671508992' + '1216109214994747393' + '1216110299285200896' + '1216110666626555904' + '1216111083997605888' + '1216112014411599877' +] tweets=meta.tweets className="oneblock capped" }}
}!} + +Die gesellschaftliche Dysphorie zeigt sich auch oft beim Flirten und der Suche nach einem Partner. Dazu Verdammt den Freund oder die Freundin *zu spielen*, wenn man kein Junge oder Mädchen ist, ist äußerst desillusionierend und fühlt sich oft sehr unfair an. AMABs wünschen sich möglicherweise, sie würden verwöhnt; AFABs fühlen sich möglicherweise unwohl mit der Aufmerksamkeit, die sie von ihren potenziellen Partnern erhalten (über das Unbehagen hinaus, dass Frauen empfinden, da dies echte Aufmerksamkeit und nicht nur unerwünschte Aufmerksamkeit einschließt). Die Erwartung, die sie selbst an sich und Ihre Partner an sie stellen, kann sich als schwere Belastung anfühlen. Im Gegensatz dazu wird das Dating als Ihr wahres Geschlecht als euphorisch empfunden, wenn sie sich trauen. Kaufen Sie einer Transfemininen Person Blumen und Sie werden sehen, wie sie Ihnen um den Hals fällt. + +Eine nicht geoutete Trans-Person kann so viel Druck verspüren, sich heterosexuell zu verhalten, dass die eigenen Instinkte in Bezug auf Beziehungen zurückgesteckt werden und sie eine gespielte Rolle übernehmen. Viele Transfeminine Personen versuchen die Rolle des (heterosexuellen) Ehemanns gegenüber der Ehefrau zu spielen, nur um dann bei der Transition zu erkennen, dass sie die Rolle der Ehefrau bevorzugt hätten. Möglicherweise fühlen Sie sich auch nicht einmal von Frauen angezogen. + +Andere Trans-Personen verbieten sich jede Beziehung da sich diese aus ihrer Sicht „falsch“ anfühlen würde. Möglicherweise möchten Sie potenziellen Partnern auch nichts vormachen oder sie wollen gleich das „richtige Programm“ statt sich verbiegen. Von außen entsteht so oft das Bild von Interesselosigkeit an Beziehungen. + +Abgesehen von Unbehagen erkennen viele Transgender, dass sie echte Beziehungsdynamik nie wirklich erlebt haben. Was Sie erlebten passte einfach in der Form nicht. Viele Transgender stellen nach der Transition fest, dass ihr Dating verhalten nie dem einer Cis-Person entsprach. Stattdessen hatten sie immer nur romantische Beziehungen, die zu ihrer wahren Orientierung passten. Beziehungen zwischen Männern und Männern sowie zwischen Frauen und Frauen haben eine völlig andere Dynamik als heterosexuelle Beziehungen. Unterschiedliche Werberituale, unterschiedliche Wahrnehmungen, unterschiedliche Kommunikationsstile. Männer beziehen sich anders auf Männer als auf Frauen und Frauen beziehen sich anders auf Frauen als auf Männer – selbst wenn für sie selbst noch nicht klar ist das die andere Person eine Frau bzw. ein Mann ist. + +Nachdem ich mich als Transfeminine Person outete, wurde mir selbst klar das meine früheren, als Mann durchgeführten Dating Versuche absolut lesbischer Natur waren. Am Anfang wollte ich immer eine gute Freundin werden. Dates wurden niemals als Dates bezeichnet, weil wir einfach nur irgendwo sitzen, reden und zusammen rumhängen würden. Infolgedessen endeten einige meiner Beziehungen einfach, weil ich zu ängstlich war, den ersten Schritt zu tun, weil es die Freundschaft zerstören würde. Ich würde den halben Tag damit verbringen, über sie nachzudenken und nur um sie herum sein wollen, nicht aus sexueller Lust, sondern aus persönlicher Verliebtheit. Meine erste Freundin erzählte mir bei unserem ersten Date, dass ich anders war als jeder Mann, mit dem sie jemals ausgegangen war, weil ich gerne redete, anstatt nur zu versuchen, sie zu verführen. Sie hat sich zwei Monate später von mir getrennt, weil ich nicht so selbstbewusst war, wie sie es von einem Partner erwartete. + +Diese Dynamik wird für nicht-binäre Personen noch komplexer, von denen einige ihren Dating-Stil bestenfalls als „queer“ beschreiben können. Einige haben Schwierigkeiten herauszufinden, welche Rolle sie in einer Beziehung einnehmen wollen. Andere nehmen eine bestimmte Rolle ein, die normalerweise als binäre geschlechtsspezifische Rolle angesehen wird. Einige nicht-binäre Menschen möchten als Freund bzw. Freundin gesehen werden, auch wenn sie kein Junge bzw. Mädchen sind. Einige wollen eine Rolle einnehmen, die von der Gesellschaft als neutral angesehen wird oder aus Aspekten beider binärer Rollen besteht. diff --git a/public/de/index.md b/public/de/index.md index 082f940..41f4f56 100644 --- a/public/de/index.md +++ b/public/de/index.md @@ -36,13 +36,13 @@ classes: 4. [Gender Euphorie](/de/euphorie) -5. [Physical Dysphoria](/en/physical-dysphoria) +5. [Körperliche Dysphorie](/de/körperliche-dysphorie) -6. [Biochemical Dysphoria](/en/biochemical-dysphoria) +6. [Biochemische Dysphorie](/de/biochemische-dysphorie) -7. [Social Dysphoria](/en/social-dysphoria) +7. [Soziale Dysphorie](/de/soziale-dysphorie) -8. [Societal Dysphoria](/en/societal-dysphoria) +8. [Gesellschaftliche Dysphorie](/de/gesellschaftliche-dysphorie) 9. [Sexual Dysphoria](/en/sexual-dysphoria) diff --git a/public/de/körperliche-dysphorie.md b/public/de/körperliche-dysphorie.md new file mode 100644 index 0000000..806b92c --- /dev/null +++ b/public/de/körperliche-dysphorie.md @@ -0,0 +1,169 @@ +--- +date: "2020-01-26T20:41:55.827Z" +title: "Wie sich Gender Dysphorie äußert: Körperliche Dysphorie" +linkTitle: "Körperliche Dysphorie" +description: "Body discomfort is only one of the many ways Gender Dysphoria manifests." +preBody: '_disclaimer' +lang: de +siblings: + prev: /de/euphorie + prevCaption: Gender Euphorie + next: /de/biochemische-dysphorie + nextCaption: Biochemische Dysphorie +classes: + - gdb +tweets: + - '1220143004821938176' + - '1184580976581775366' + - '1184837108919230464' + - '947522372315369472' + - '947523244948680705' +--- + +# Körperliche Gender Dysphorie + +Jeder hat von der Geschichte vom „im falschen Körper geboren“ gehört. Körperliche Dysphorie ist ein Unbehagen über die Form des eigenen Körpers aufgrund der Geschlechtsmerkmale, die er aufweist. Über welche Körpermerkmale sprechen wir hier? + +{!{ + +
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Primäre Geschlechtsmerkmale

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+}!} + +Die wichtigsten Fortpflanzungsmerkmale, die sich während der Schwangerschaft entwickeln + +- Gonaden + - Hoden + - Eierstöcke +- Externe Genitalien + - Penis + - Klitoris + - Hodensack + - Schamlippen + - Vulva +- Interne Fortpflanzungsorgane + - Prostata/Sekret Drüse + - Uterus + + +{!{

Sekundäre Geschlechtsmerkmale

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}!} + +Alle sexuell dimorphen Merkmale, die sich während und nach der Pubertät infolge einer Hormonexposition entwickeln. Im Allgemeinen sind diese Merkmale für männliche und weibliche vorpubertäre Kinder nahezu identisch. + +- Fettverteilung + - Taille, Hüfte, Po-Form + - Oberschenkel, Arme, Rücken + - Wangen und Kieferknochenlinie +- Muskeln + - Nacken, Schultern und Oberkörper + - Arme und Beine + - Bauch +- Knochenbau + - Körpergröße + - Größe von Füßen und Händen + - Breite der Schultern + - Breite des Brustkorbs + - Dicke und Dichte der Gliedmaßen + - Stirn, Brauenkuppe, Wangen- und Kieferknochen + - Beckenbreite +- Hautstruktur und Hautton +- Stimmhöhe und Stimmresonanz +- Brust Entwicklung +- Körperbehaarung (ausgenommen Schambehaarung und Achselbehaarung) +- Gesichtsbehaarung + + +{!{
}!} + +Die Primären Geschlechtsmerkmale können nur durch chirurgische Eingriffe verändert werden. Einige sekundäre sexuelle Merkmale sind auch Einbahnstraßen und erfordern einen medizinischen Eingriff, etwa um das Wachstum des Brustgewebes oder die Vertiefung der Stimmbänder rückgängig zu machen. Östrogen macht die Stimme nicht weiblicher, Testosteron lässt die Brüste nicht schrumpfen (abgesehen vom Fettabbau). Veränderungen der Skelettstruktur (wie die Vergrößerung durch Testosteron oder die Erweiterung der Hüften durch Östrogen) können nur vor dem 25. Lebensjahr auftreten, während der Körper noch wächst. + +Einige sekundäre Merkmale können chirurgisch verbessert werden (Brustvergrößerung, Körperkonturierung, Maskulinisierung / Feminisierung des Gesichts), andere können überhaupt nicht verändert werden. + +Körperliche Dysphorie manifestiert sich auf verschiedene Weise. Manchmal ist dies in einer Art „Phantom-Extremität“-Phänomen zu spüren: Wenn eine Person Empfindungen von einem Penis oder einer Vagina spüren kann, welche nicht vorhanden ist. Oder einen Gebärmutter Schmerz empfindet, die nicht vorhanden ist. Oder ein Gefühl des Fehlens von Brüsten, die nicht gewachsen sind. + +Auch umgekehrt kann es der Fall sein: Es kann als eine Art umgekehrter Phantomeffekt empfunden werden, bei dem sich die Person ständig etwas bewusst ist, das nicht vorhanden sein sollte. Das Gehirn erhält sensorische Impulse, die es nicht erwartet, wie z. B. das Gewicht der Brüste oder das Vorhandensein von Hoden oder einer Gebärmutter. Diese sensorischen Impulse drängen sich in den Vordergrund, da sie nicht erwartet werden. + +{!{ +
+ AFAB: assigned female at birth – dem weiblichen Geschlecht bei der Geburt zugeordnet +
+ AMAB: assigned male at birth – dem männlichen Geschlecht bei der Geburt zugeordnet +
+{{import '~/tweet' ids=[ + '1220143004821938176' +] tweets=meta.tweets className="hide-reply" }}
+}!} + +Es kann Entsetzen oder Abscheu empfunden werden, wenn man die äußeren Genitalien betrachtet oder berührt werde. Auch können emotionale Ausbrüche auslöst werden verbunden mit dem starken Wunsch hat, das betroffene Organe zu entfernen. AFAB-Transgender können während der Menstruation ein Gefühl der Unrichtigkeit oder ein Gefühl der fremdartigen Trennung von ihrem Hormonkreislauf verspüren. + +Körperliche Dysphorie kann sich als Zwang manifestieren, bestimmte Körpermerkmale durch zum Beispiel obsessives Rasieren von Körper- oder Gesichtshaaren, zu verändern. Es kann sich auch in einem entgegengesetzten Zwang manifestieren: einer sorgfältigen Pflege dieser Merkmale, um zu versuchen, sie zu kontrollieren. Ein Beispiel wäre einen perfekten Bart zu pflegen, die Nägel dauerhaft gepflegt und poliert zu halten oder Stunden im Fitnessstudio zu verbringen, um die Körperform anzupassen. + +Unerwünschte körperliche Merkmale können dazu führen, dass eine Person Neid auf Menschen verspürt, die aufgrund von Krankheiten wie Hoden- oder Brustkrebs gezwungen waren, diese Merkmale zu entfernen. AMABs mit schwerer Genitaldysphorie neigen dazu, sich einen Freak-Unfall zu wünschen, der zum Verlust ihres Penis führen würde. + +{!{ +
+ HRT: hormone replacement therapy – Hormonersatztherapie +
+}!} + +Manchmal kann es einfach ein Gefühl der Unrichtigkeit sein, dass Sie möglicherweise nicht einmal dem Gender oder (Biologischem-) Geschlecht zuschreiben. Die meiste Zeit meines Lebens glaubte ich, dass der Grund warum ich meinen Körper nicht mochte, darin bestand, dass ich fett war. Erst als ich mit der Transition begann, wurde mir klar, dass ich mein Fett überhaupt nicht hasste. Ich hasste es, männliches Fett zu haben. Durch die weiblichen Kurven, die mir die HRT gegeben hat, fühle ich mich viel mehr im Einklang mit meinem Körper. + +{!{
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+ FFS: facial feminization surgery – chirurgische Feminisierung des Gesichts +
+{{import '~/tweet' ids=[ + '1184580976581775366' + '1184837108919230464' +] tweets=meta.tweets className="hide-reply" }}
}!} + +Die Dysphorie, die man wegen seinem Körper empfindet, kann und wird sich im Laufe der Zeit ändern; zum Guten oder zum Schlechten. Zum Beispiel beginnen viele Transfeminine Personen ihre Transition und fühlen sich nicht von ihren Genitalien abgestoßen. Später stellen sie jedoch fest, dass sie mit ihren männlichen Genitalien unwohl fühlen, weil andere, größere Dysphorie-quellen verschwinden. Andersherum kann sich jemand sicher sein unbedingt eine FFS zu benötigt, aber dann, zwei Jahre nach Start der Transition, stellet sie fest, dass ihr Gesicht keine Dysphorie mehr auslöst und sie zufrieden ist, wie sie aussieht. + +Es ist in Ordnung, wenn Sie feststellen, dass Sie mehr oder weniger benötigen als zu Beginn angenommen. + +Es ist in Ordnung, wenn Sie nichts an Ihrem Körper hassen. Es genügt sich zu wünschen, dass Sie weiblicher oder männlicher aussehen. + +Es ist in Ordnung, wenn Sie nur einige Aspekte Ihres Körpers hassen und nicht alle Geschlechtsmerkmale ändern möchten. + +Es ist in Ordnung, wenn Sie überhaupt keine medizinische Transition wollen. Körpergefühle sind nicht das A und O der Transition. + +**Gesamtheitliche Körperliche Dysphorie ist keine Voraussetzung, um Transgender zu sein. AFABs müssen ihre Brüste nicht hassen, AMABs müssen ihren Penis nicht hassen. Die Erfahrung jeder Trans-Person ist anders. Alle sind gültig.** + +### Internalisierte Probleme mit dem Körperbild + +Die Welt ist voller unbewusster Botschaften darüber, wie die Körper von Männern und Frauen auszusehen haben. Wir werden mit Werbung und Medienbotschaften bombardiert, um eine normalisierte Sicht auf das zu schaffen, was schön ist und was nicht. Sei nicht zu dick, sei nicht zu dünn, sei nicht zu groß, sei nicht zu kurz, habe kein zu breites Kinn, keine zu große Nase, trage Make-up aber trage nicht zu viel Make-up, verlasse das Haus nicht ohne BH aber sieh zu, dass man den BH nicht sieht, … Weiter und weiter steigt die Flut von Erwartungen an ein geschlechtsspezifisches Erscheinungsbild. + +{!{ +
+ Enbie: non-binary – Person die sich nicht im binären Gender Spektrum sieht +
+}!} + +Jeder nimmt diese Botschaften auf und Trans-Personen verinnerlichen die Faktoren, die für das Geschlecht wichtig sind, mit dem sie sich identifizieren. Transfeminine Personen wachsen auf, indem sie die weiblichen Standards, Transmaskuline Personen die männlichen Standards auf sich selbst übertragen und Enbies verinnerlichen oft Scham um Androgynie. Das Ganze kommt zu der Scham hinzu, dass sie auch nicht den Standards ihres biologischen Geschlechts entsprechen. + +Was ist das Endergebnis davon? Kathryn beschrieb es am besten: + +{!{ {{import '~/tweet' ids=[ + '947522372315369472' + '947523244948680705' +] tweets=meta.tweets className="grid-row" }} }!} diff --git a/public/de/soziale-dysphorie.md b/public/de/soziale-dysphorie.md new file mode 100644 index 0000000..298fe61 --- /dev/null +++ b/public/de/soziale-dysphorie.md @@ -0,0 +1,90 @@ +--- +date: "2020-01-26T20:41:55.827Z" +title: "Wie sich Gender Dysphorie äußert: Soziale Dysphorie" +linkTitle: "Soziale Dysphorie" +description: "Pronouns and Deadnames and Gendering, oh my." +preBody: '_disclaimer' +lang: de +siblings: + prev: /de/biochemische-dysphorie + prevCaption: Biochemische Dysphorie + next: /de/gesellschaftliche-dysphorie + nextCaption: Gesellschaftliche Dysphorie +classes: + - gdb +tweets: + - '1215718003310039040' + - '1215720411788382210' + - '1215724301065891841' + - '1215727546387648517' + - '1215727547780096000' + - '1215731319973523456' + - '1219968711681040384' + - '1137185510793678848' +--- + +# Soziale Dysphorie + +{!{
{{import '~/tweet' ids=[ + '1215718003310039040' + '1215720411788382210' + '1215724301065891841' + '1215727546387648517' + '1215727547780096000' + '1215731319973523456' +] tweets=meta.tweets className="oneblock" }}
}!} + +Alle sozialen Gender Dysphorien kreisen um ein zentrales Konzept: Welches Geschlecht glauben die Leute bei mir zu sehen? Bei sozialer Dysphorie geht es darum, wie die Außenwelt Sie wahrnimmt, wie andere Sie ansprechen und wie von Ihnen erwartet wird, wie Sie interagieren. Das zeigt sich besonders in dem Unterschied von Trans-Personen, die sich Ihres eigenen Geschlechtes noch nicht bewusst sind mit denen, die sich Ihr Trans sein gerade eingestanden haben („wenn die Schale gebrochen ist“). + +Personen die Ihr Trans-Sein noch nicht realisiert haben, besitzen nur das Bewusstsein, dass etwas mit der Art und Weise, wie Sie mit anderen Menschen interagieren, nicht stimmt. Mitmenschen desselben biologischen Geschlechts scheinen auf eine Weise miteinander zu interagieren, die sich für Sie unnatürlich anfühlt. Ihre Verhaltensweisen und Manieren fühlen sich seltsam. Andererseits fühlen sich Interaktionen mit Personen Ihres gefühlten Geschlechts einfacher an. Sie beziehen sich auf Menschen, die Ihrer eigenen Wahrheit näherkommen. + +Zum Beispiel kann sich eine AMAB-Trans-Person in Gruppen von Männern sehr unwohl fühlen. Sie fühlt sich möglicherweise fehl am Platz und hat Schwierigkeiten, sich in die Gruppe ihrer männlichen Kollegen einzufügen. Männliche soziale Interaktionen sind für sie nicht selbstverständlich, und der Versuch, ihre männlichen Freunde nachzuahmen, ist unangenehm. Sie fühlt sich vielleicht mehr zu Freundschaften mit Frauen hingezogen, sind dann jedoch frustriert über die soziale und heterosexuelle Dynamik, die zwischen Männern und Frauen ins Spiel kommt und sie daran hindert, freundschaftliche Beziehungen aufzubauen. Das passiert aber nur dann, wenn Frauen überhaupt bereit sind, Freundschaften mit Männern zu schließen. Sie könnte zutiefst verletzt sein, wenn Frauen grundsätzlich vor ihnen zurückschrecken. + +Wenn sich die Person ihrer eigenen Nichtübereinstimmung mit ihrem biologischen Geschlecht immer mehr bewusst wird verstärkt sich dieses Gefühl der Unrichtigkeit. Wenn dann die Erkenntnis erlangt wird, wer man wirklich ist dann nimmt die Soziale Dysphorie eine ganz neue Form an. Für binäre Transgender ist es oft sehr wichtig, als Ihr wahres Geschlecht angesehen zu werden, sei es männlich oder weiblich. +Für einige nicht-binäre Menschen ist es eher ein Gefühl der Euphorie, wenn sie weder als männlich noch als weiblich angesehen werden und daher nur auf nicht geschlechtsspezifische Weise bezeichnet werden können - oder wenn sie von verschiedenen Menschen in derselben Umgebung als unterschiedliche Geschlechter gelesen werden. Andere erleben eine intensive Euphorie, wenn andere Menschen nicht in der Lage sind sie einem Geschlecht zuzuordnen und dadurch verwirrt werden. + +Bei sozialer Dysphorie kommen Pronomen und das Ansprechen mit dem falschen Geschlecht ins Spiel. Es ist äußerst unangenehm, mit einem geschlechtsspezifischen Pronomen wie „er“, „sein“ oder „sie“, „ihr“ angesprochen zu werden, wenn das nicht das Pronomen ist, das mit dem inneren Geschlecht übereinstimmt. Zugegeben, dies gilt für alle Menschen, einschließlich Cis-Personen, aber während sich eine Cis-Person durch falsche Ansprache nur beleidigt fühlt, wird sich eine Trans-Person dadurch verletzt fühlen. Es ist wie mit den Fingernägeln über die Schiefertafel zu fahren, wie Stahlwolle auf der Haut. Das Hören des falschen Pronomens ist eine Erinnerung daran, dass die Person, mit der Sie sprechen, Sie nicht für das Geschlecht hält, das Sie sind. + +Auch Geschlechtsneutrale Pronomen für binäre Transgender können ein Problem sein da sie verunsichernd wirken können, wenn die Person, die sie verwendet damit deutlich macht, dass das richtige Pronomen gemieden wird. Dies ist oft ein Hinweis darauf, dass eine Person als Transgender gelesen wurde und die Person, die sie anspricht, nicht weiß, welche Pronomen sie verwenden soll. Das Fragen nach ihren Pronomen könnte diese Situation sofort lösen, hat aber den Nebeneffekt das damit offenbar wird das die Person auch nicht als das gewünschte Geschlecht gelesen wird. Dieses Szenario kann auch Dysphorie hervorrufen. Es ist eine Art Catch-22. + +Das richtige Pronomen kann auch böswillig verwendet werden, zum Beispiel wenn eine transphobe Person das richtige Pronomen verwendet, weil sie weiß, dass sie Ärger bekommen wird, wenn sie die falschen Pronomen verwendet. Ton und Absicht sind sehr wichtig. + +{!{ +
+ Deadname – der alte abgelegte (geburts-) Name einer Transperson +
+}!} + +Gleiches gilt auch für Namen. Das Anrufen mit dem alten Vornamen (Deadname) anstelle des gewählten neuen Namens kann sich schmerzhaft anfühlen, wenn es ignorant ausgesprochen wird; bis hin zu verletzend und abweisend, wenn es absichtlich gemacht wird. + +Manchmal kann es sich auch als Freude oder Verlegenheit manifestieren, als Ihr wahres Geschlecht bezeichnet zu werden, während Sie immer noch als Ihr zugewiesenes Geschlecht leben. Beispiele: + +- Eine AMAB-Person, die als abwertend als „Mädchen“ bezeichnet, sich dadurch aber nicht beleidigt fühlt und sich freut, statt wütend zu werden. +- Eine AFAB-Person, die „Herr“ genannt wird und sich dadurch besser fühlt. + +{!{
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}!} + +Das durch soziale Dysphorie verursachte Unbehagen kann einen Transgender unter Druck setzen das gefühlte Geschlecht übertrieben stereotypisch zu präsentieren, um auch den Rest der Welt davon zu überzeugen, dass sie wirklich zu diesem Geschlecht gehören. + +- Transfeminine Personen können sich zum Beispiel auf Make-up und weibliche Kleidung konzentrieren, leiser sprechen, um zurückhaltender zu wirken und die Stimme höherstellen. +- Transmaskuline Menschen werden sich auf männliche Kleidungsstile stützen, aufrechter stehen, um größer zu wirken, weniger Emotionen zeigen, lauter sprechen und ihre Stimmen absichtlich tiefer stellen. + +### Körperliche vs. Soziale Dysphorie + +Auch einige körperliche Merkmale können bei Transgender zu Sozialer Dysphorie führen. Eine Trans Person könnte sich in der Öffentlichkeit Ihrem Aussehen und ihrer körperlichen Eigenschaften besonders bewusst sein, weil sie dadurch von anderen als das falsche Geschlecht wahrgenommen und/oder als Trans gelesen werden könnte. In bekannten Umgebungen, in denen sie immer als ihr wahres Geschlecht gesehen und behandelt werden, fühlen Sie sich dagegen rundum wohl. + +Ich selbst habe keine direkte körperliche Dysphorie wegen meiner Stimme, ich genieße es zum Beispiel in meiner Geburtsbariton zu singen. Wenn ich nur mit meiner Familie zu Hause bin, entspanne ich meine Stimme. Wenn ich in der Öffentlichkeit bin, spielt es jedoch eine entscheidende Rolle, von Fremden als Frau gelesen zu werden. Deshalb habe ich mich sehr bemüht meiner Stimme einen weiblichen Klang zu geben. Meine Stimme schaltet sich um, sobald ich ans Telefon gehe oder das Haus verlasse. Und das passiert nicht einmal mehr bewusst. + +### „Eine\(r\) von uns“ + +Es gibt ein merkwürdiges Muster das nicht geoutete Trans-Personen, dazu neigen, sich zu gegenseitig zu finden, ohne es zu wissen. Immer wieder gibt es die Geschichten das, sobald eine Person in einer Freundesgruppe erkennt, dass sie Trans ist, sich outet und mit der Transition beginnt, andere Mitglieder der Gruppe dazu inspiriert werden, sich auch zu outen. + +{!{
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}!} + +Trans-Personen tendieren unbewusst dazu, sich ähnliche Freundschaften zu suchen. Das geschieht wohl aus dem Bedürfnis heraus, dass Gleichgesinnte, ohne zu verurteilen genauso denken und handeln wie wir, als auch Aufgrund einer gemeinsamen sozialen Ausgrenzung. Dies gilt natürlich nicht nur für Trans-Personen und tritt bei allen Arten von queeren Menschen auf, aber die Art und Weise, wie es zu einen Welleneffekt kommt ist bemerkenswert. Man könnte es mit dem Welleneffekt vergleichen, den es gibt, wenn ein Paar aus der Freundesgruppe heiratet und Kinder bekommen und dann andere Paare mitziehen. + +Trans-Personen bilden ihre Gruppen oft auch nach der Transition ganz bewusst, da sie sich gegenseitig einfach besser verstehen als Cis-Personen. Es gibt eine besondere Energie, die in Trans-Gruppen auftritt und der Raum mit Kameradschaft und Mitgefühl auflädt. Trans-Personen haben so viel gemeinsam in ihrer Geschichte, so viele gemeinsame Erfahrungen, dass das sie sofort verbindet (abgesehen von Persönlichkeitskonflikten).